Bauch & Kopf für kluge Entscheidungen nutzen

Der Bauch fühlt JA, der Kopf sagt NEIN?
Der Bauch fühlt JA, der Kopf sagt Nein? Oder der Bauch fühlt gar nichts und der Kopf wägt ab, zögert und hadert vor sich hin? Das soll ja öfter mal vorkommen, gerade wenn es um wichtige Entscheidungen geht. Bevor Sie jetzt einsteigen ins Kopf-Karussell aus Pros und Cons, die dann in Ihrer Fakten-Waagschale mühsam hin- und hergewogen werden – drücken wir doch einfach mal auf die Pausetaste. Denn das mit dem Entscheiden geht viel leichter als „gedacht“.
Also Pause. Abstand. Stellen Sie sich vor, Bauch und Kopf wären in Wirklichkeit ein Spitzenteam, bei dem jeder seine Stärken und Schwächen und seine Aufgabe gut kennt. Schauen wir doch mal, was Kopf und Bauch in so einem tollen Team machen würden:
Schweinwerferlicht an: Der Kopf ist toll!
Denn sein absolutes Heimatgebiet ist die logische Präzision, der Fokus auf Details und das Für und Wieder. Er denkt dabei gerne in Regeln und liebt Ziele, Meilensteine und Struktur. Seine Job-Description ist die des Sicherheitsbeauftragten, Informationsanalysierers und Planers. Er gleicht dabei einem Scheinwerferlicht, das etwas ganz genau und porentief unter die Lupe nimmt, bevor er eine Entscheidung ausrechnet. Sein starkes Scheinwerferlicht hat gleichzeitig aber auch eine „Schattenseite“ – laut Gehirnforschung kann er nämlich nur 50 Bits pro Sekunde verarbeiten (zum Vergleich – der unbewusste Verstand, der über das Bauchgefühl mit uns spricht, hat sagenhafte 10 MILLIONEN Bits pro Sekunde zur Verfügung). Aufgrund des kleinen Arbeitsspeichers muss er also möglichst ökonomisch und zielorientiert denken. Sonst geht ihm schnell der Saft aus – gerade in komplexen Situationen. Am Einfachsten geht das, indem er einfach alles ausblendet, was nicht in sein vertrautes Raster passt.
Dazu fällt mir ein Witz ein …
Ein Mann sucht unter einer Strassenlaterne nach seinem Hausschlüssel. Ein Passant kommt vorbei und fragt: Sind Sie denn sicher, dass Sie den Schlüssel hier bei der Laterne verloren haben? Das bin ich nicht, sagt da der Mann. Aber das hier ist der einzige Ort, an dem ich etwas sehen kann. So ist er, der Kopf. Nur mit dem Unterschied, dass er anders als der Mann aus dem Witz keine Ahnung hat, dass außerhalb des Laternenscheins noch eine ganz andere Welt auf ihn wartet und er eigentlich mit eher dürftigem Datenmaterial herumhantiert.
Im Coaching gibt es dazu ein geflügeltes Wort: Die Landkarte ist nicht das Gebiet. Seine Stärke – die zielgerichtete Effizienz – ist also gleichzeitig auch die „Achillesverse“ des Kopfes. So sehen das auch die kühlsten KÖPFE der Wissenschaft, die in ihren Experimenten immer wieder zu demselben Ergebnis kommen: Kopfentscheidungen machen ihre Menschen schlichtweg nicht so glücklich und zufrieden wie fundierte Bauchentscheidungen. Sie berücksichtigen einfach zu wenig Informationen.
Aha. Und jetzt? Schauen wir uns doch mal den Bauch an.
Flutlicht an: Der Bauch ist toll!
Denn er ist die Eingangstür zu unserem unterbewussten Denken, das mit den oben bereits erwähnten 10 Millionen Bits/sek. operiert oder sagen wir vielleicht besser intuitiv umherstreift. Vergleichen können wir dieses unbewusste Denken mit einem diffusen Flutlicht, indem das GESAMTE Gebiet als grosses Ganzes eher schemenhaft zu erkennen ist. Durch seinen immensen Arbeitsspeicher ist es in der Lage, eine Riesendatenmenge auf ein Konzentrat zusammen zu dampfen, vergleichbar einem Spickzettel, der aus einer Enzyklopädie entstanden ist. Und so erstellt es mit der Zeit ein umfassendes Nachschlagewerk unser ganz persönlichen (und sogar kollektiven!) Lebenserfahrungen.
Der Bauch ist stumm, dafür FÜHLBAR. Unser unbewusstes Denken kommuniziert nun allerdings vorwiegend non-verbal mit uns. Wir erkennen es an subtilen Gefühlen und Körpersignalen (etwa einer diffusen Weite in Brust und Bauch oder einem Kloß im Hals), plötzlich auftauchenden inneren Bildern oder intuitiven Ahnungen oder Klicks (wie einem Gefühl von Stimmigkeit, für das es keine logische Erklärung gibt). „Kopfmenschen“ fällt es anfangs schwerer, diese subtileren Zeichen des Unterbewusstseins wahr und vor allem ernst zu nehmen. Fragt man dagegen „Bauchmenschen“, wie sie zu ihrer Entscheidung gekommen sind, sagen sie oft: ach, das war einfach so ein Gefühl.
A perfect match! Also, der eine kann reinzoomen bis ins kleinste Atom, der andere rauszoomen bis sprichwörtlich ins Universum! Kompetenzmässig sind beide Denkstile also ganz großes Tennis. Wären sie richtig gut in ihrem Teaming, nicht auszudenken: Hi-Perfomance everywhere! Jeder macht, was er gut kann und gibt im richtigen Zeitpunkt an den anderen ab.
Bauch und Kopf – wer hat denn nun wann Vorfahrt?
Die Neurowissenschaft stellt uns dafür eine Art „Gedanken-und Gefühlsverkerhrsordnung“ zur Verfügung, die folgendermaßen aussieht:
- Vorfahrt Kopf: Unser Verstand ist bei einfachen Aufgaben des Alltags, die eine hohe Präzision erfordern, der Kandidat der Wahl. Dann, aber auch nur dann ist er unserem Bauch überlegen. Also tun wir gut daran, mit dem Kopf einzukaufen, um das perfekte 6-Gang Menü zusammenzustellen und wir machen auch besser die Steuererklärung mit ihm. Bei komplexen Fragen, die sich nicht „ausrechnen“lassen, sollten wir dagegen nicht auf die Ratio hören (und die Grübelfalle wartet prompt auf uns, wenn wir trotzdem tun).
- Vorfahrt Bauch: Bei komplexen Entscheidungen, also z.B. dem Autokauf, der Wahl der Ehefrau oder des neuen Jobs sollen wir also dem Unterbewusstsein und seinem Bauch vertrauen? Ja, genau so ist das. Selbstdenkend gefällt das dem Kopf erstmal nicht: „Waaaaas? Blind dem Bauch vertrauen – das ist doch zu riskant!“ Und just mit diesem Gedanken stellt sich dann auch gleich ein mulmiges Gefühl ein, das uns leider allzu oft von Bauchentscheidungen im grossen Stil abhält.
Die Wissenschaftler geben dem Kopf daher noch 2 weitere Leitplanken mit auf den Weg:
- Die besten Entscheidungen fällen diejenigen Menschen, die zuvor ihren Kopf benutzt haben, um genügend Informationen zu einer Sache einzuholen und dann dem Unterbewusstsein etwas Zeit geben, das Datenmaterial mit den eigenen Lebenserfahrungen abzugleichen z.B. indem sie darüber schlafen.
- Ist dafür keine Zeit, kommen immer noch sehr kluge Entscheidungen zustande, wenn man über die gegebenen Informationen nicht weiter bewusst nachdenkt, sondern gedanklich schlichtweg das Thema wechselt und loslässt. Übrigens – je länger die Ablenkung, umso besser fallen die Entscheidungen aus.
In der Realität ist die Wirklichkeit ganz einfach?
Eigentlich ganz einfach. Um aus grauer Theorie gelebte Praxis werden zu lassen, hilft ein kleines Training. Es beginnt damit, dass Sie sich die innere Landkarte bewusst machen, von der Sie gerade aus versuchen, das ganze Gebiet zu betrachten. Um dann zu erkennen, dass dies eben nur eine Denk-Landkarte ist und sicherlich nicht das ganzes Gebiet. Hier ein Überblick über die beliebtesten Denklandkarten in unseren Köpfen:
- Landkarte „Entweder-Oder“: Hier gibt es auf einmal nur noch 2 Weggabelungen, rechts oder links. Auf mehr kommt der Kopf gerade irgendwie nicht. Natürlich gibt es viele andere Möglichkeiten und Lösungswege, die genauso sinnvoll für Sie wären und sich besser anfühlen würden. Die Ausfahrt: Zeit für ein kreatives Brainstorming – wie sehen 5-10 Lösungsideen für Ihr Thema aus?
- Landkarte „Schwarz-weiss-Denken“: Hier bläht man die Bedeutung des Ganzen unverhältnismässig bis dramatisch auf. Auf einmal hängt von der Entscheidung das ganze Lebensglück ab. „Ich kann nur in München glücklich sein, woanders geht das nicht“. Zeit zum Durchatmen, entspannt Lächeln und für die Frage an den Kopf: Gibt es stichhaltige, vor Gericht verwertbare Beweise, dass das wirklich wahr ist?
- Landkarte „Negativbild“: Statt eine negative Situation dafür zu nutzen, sich zu fragen, was man im Positiven will, macht man einen Schlenker um das Thema und bleibt im „Negativ “ hängen. Das ist natürlich ein Bärendienst. Denn wer sein positives Ziel nicht kennt, dem ist kein Wind richtig. Zeit für Zuversicht und die Entwicklung des kreativen Vorstellungsvermögens: Wie wäre die aktuelle Situation in richtig schön? Was darf ich dafür lernen oder loslassen?
- Landkarte „falsche Baustelle“: hier schlägt man sich mit einer Frage herum, die gar nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. Diese Frage liegt quasi wie eine 2. Landkarte auf der Ersten. Jemand ist unzufrieden mit seinem Leben und kommt auf die Idee, auszuwandern. Zeit für Erkenntnis – das Paradies ist immer IN MIR, egal, wohin ich gehe. Wie sieht die Situation aus, wenn ich IN diesem Paradies bin statt im Wartesaal des Lebens?
- Landkarte „Pauschalreise“: „Alle wissen, was sie wollen“. „In meinem Alter müsste ich längst verheiratet sein“. „Hätte ich mich damals nur anders entschieden“. „Wäre ich nur beziehungsfähig“. Stop! Pauschalierungen sind Nebel in Tüten, in denen man seine Orientierung und Authentizität verliert. Zeit für Ihre Individualreise: Wie will ICH als einzigartiges Wesen auf diesem Planeten dieses Thema angehen und gestalten?
Irgendwann lass ich los – nur mal so aus Neugier
Je mehr Bauchtraining, umso feiner wird mit der Zeit Ihre gefühlte Wahrnehmung und dadurch wächst wiederum das Vertrauen in Ihre 10 Millionen Bits/sek. ins Unermessliche. Der Bauch hat Gründe, die der Kopf nicht kennt … Optimales Bauch-Übungsfeld ist erstmal der Alltag. Beobachten Sie sich anfangs bei kleinen Dingen, die sich nicht berechnen lassen und andererseits auch nicht so wichtig sind: Hören Sie z.B. auf den Bauch bei der Abendplanung mit Freunden, auch wenn es vordergründig unlogisch wirkt oder dadurch für die Anderen umständlicher wird? Dabei geht es natürlich nicht um viel … gut so, denn wir bleiben entspannt und spüren uns gut. Und gerade das sind wunderbare „Probebäuche“ 😉